Sie begegnen Mir
SIE BEGEGNEN MIR ... ab und zu auf dem Dach: Willy Peter (41)
«Im Kamin finde ich Haarsträubendes»
<<Es ist unglaublich, was Einzelne in ihren Öfen und Cheminées alles verbrennen.
Auch heute noch, trotz breit diskutierter Umweltproblematik. Die einen benutzen ihren Ofen regelrecht als Kehrichtsack.Was ich da als Kaminfeger beim Reinigen an Rückständen vorfinde, ist manchmal haarsträubend. Bei einem Sünder handelte es sich um einen Bioproduzenten, jawohl Bioproduzent, der Bundesordner samt Inhalt verbrannte. Die Schadstoffe fallen bei dem direkt vom Kamin in den Garten auf seinen biozertifizierten Salat. In solchen Momenten kommt mir schon mal die Galle hoch. Bei ersten Vergehen setze ich immer auf Aufklärung statt Strafe oder Anzeige. Nicht jeder ist aber bereit, sich die Vorschriften anzuhören und danach zu handeln. Einige suchen sich einfach einen anderen Kaminfeger, der weg schaut, nichts sagt aber dafür einen neuen Kunden hat. Grundsätzlich pflege ich aber einen sehr guten Kontakt zu meinen Kunden. Auch der Bioproduzent verbrennt heute nur noch erlaubten Brennstoff, und wir haben ein gutes Verhältnis.
Die Terminsuche ist schwierig
Viele erkennen mich auf der Strasse und sagen grüezi oder winken mir zu. Die Namen der Leute weiss ich meistens auf die schnelle nicht alle, aber wo sie wohnen.
Bei älteren Kunden, die den ganzen Tag alleine sind, übernehme ich oft auch eine soziale Rolle. Diese Menschen freuen sich über Besuch und einen Schwatz. Leider habe ich dafür immer weniger Zeit, denn mein Terminkalender ist prall gefüllt. Meistens arbeite ich ohne Mittagspause durch und gönne mir erst am Abend eine richtige Mahlzeit. Am Wochenende erledige ich Büroarbeiten. Dazu gehört auch die Disposition. Eine äusserst schwierige Aufgabe. Nichts gegen Haushalte, wo alle Personen arbeiten. Aber es ist enorm schwierig, mit Kunden einen Termin zu vereinbaren, wenn beide berufstätig sind. Viele wollen keinen Schlüssel mehr deponieren oder beim Nachbarn hinterlegen und sind oft der Meinung, ich könne ja auch am Freitagabend ab 17 Uhr oder Samstag kommen, wenn sie zuhause sind. Ich habe aber auch unkomplizierte Kunden. Einer liess immer die Kellertür für mich offen, obwohl er nicht zuhause war. Während all der neun Jahre, die ich bei ihm die Heizung und den Kamin reinigte, habe ich ihn nie gesehen.
Baupfusch ist sehr gefährlich
Meine Arbeit ist sehr vielseitig und abwechslungsreich. Nicht nur hinsichtlich Kunden, sondern auch in Bezug auf meine Reinigungsobjekte. Dazu gehören Kamine, Holzöfen, Kachelöfen, Cheminées, Ölheizungen und Gasanlagen. Meine Werkstatt befindet sich in Töss, ich bin aber in der ganzen Stadt und Agglomeration Winterthur unterwegs. Dies in Wohnungen, aber auch Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie Industrieanlagen, Schulhäusern und Einkaufszentren. Aufs Dach steige ich nur noch selten, meistens kann ich die Reinigung des Kamins vom Keller oder Estrich aus erledigen. Das ist weniger gefährlich. Gefährlich wird es aber definitiv bei einem Kamin- oder Cheminéebrand. Dazu kann es kommen, wenn ein Kaminfeger nicht regelmässig die Rückstände beseitigt hat oder aber billig gebaut wurde. Vor einiger Zeit wurde ich am Wochenende durch die Feuerwehr auf eine Liegenschaft gerufen, wo die Bewohner, die eine Rauchvergiftung hatten und ins Spital gebracht werden mussten. Grund dafür war ein defektes beziehungsweise lausig installiertes Ofenrohr. Die Funken frassen sich in die Isolation, wo sich über Wochen ein Mottbrand entwickelte bis die Rauchgase in die Wohnung drangen. Zum Glück konnte dank der hartnäckigen Ursachensuche der Feuerwehr noch schlimmeres vermieden werden. Das geht dann auch mir an die Nieren. Dann drehe ich am Abend eine Runde auf meiner Suzuki 1100f oder trommle im Tambourenverein Andelfingen, um abzuschalten.>>
DER LANDBOTE
Von Susanne Aebersold
DIENSTAG, 7. FEBRUAR 2012
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Willy Peter (41)